Herrenabend: Cem Özdemir beim Wirtschaftsverein
- Kategorie: Wirtschaft
- Geschrieben von Niels Kreller
Heimfeld. Vor 20-30 Jahren wären beide Seiten wahrscheinlich im gegenseitigen Einvernehmen zu dem Entschluss gekommen, dass es keine gute Idee wäre, einen Spitzenvertreter der Grünen Partei auf dem Herrenabend des Wirtschaftsvereins für den Hamburger Süden die Festrede halten zu lassen. Aber seitdem die Grünen Birkenstock, Strickpullover und allzu progressive Forderungen sicher in der Mottenkiste des Idealismus verstaut haben, ist dieses Szenario möglich geworden. Schließlich haben sie in Hamburg das Kohlekraftwerk Moorburg und die Elbvertiefung mitgetragen.
Und so konnte der Bundestagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen aus Harburg, Manuel Sarrazin, seine Kontakte spielen lassen und Arnold G. Mergell, Vorsitzender des Wirtschaftsvereins, konnte Cem Özdemir am vergangenen Freitag im Privathotel Lindtner vor rund 400 Gästen aus Wirtschaft, Politik, Kultur und Wissenschaft begrüßen.
Thema des Abends war Europa. Und deutlich wurde, was sowohl Mergell als auch Özdemir dabei hauptsächlich Sorge bereitete: Das Erstarken der Populisten – nicht nur in Europa. „Wir leben in politisch und wirtschaftlich unruhigen Zeiten“, so Mergell in seiner Begrüßung. Leider funktioniere der Populismus. Statt zu spalten, müsse man aber nach Kompromissen suchen. „Ich kann mich über Europa aufregen“, gab Mergell zu. „Aber als Werte- und Friedensunion ist Europa wichtig.“ Ein gutes Gespräch bei einem Glas Wein sei mehr wert als 100 Freunde auf Facebook.
Cem Özdemir bezog ebenfalls Stellung gegen Populismus und Diktatur. Die Konfliktlinien, so Özdemir, verliefen heute nicht mehr zwischen links und rechts, sondern zwischen autoritärer Herrschaft und liberaler Demokratie. „Das findet sich zum Teil auch in der Wirtschaft wieder“, so Özdemir. Da gebe es Konflikte, wie man zu Europa stehe. „Gerade wir in Deutschland sind Profiteur einer starken EU“, befand er. Das Internet machte er als neues Schlachtfeld im Kampf um Demokratie aus: „Wir müssen deutlich machen, dass die Regeln der Zivilisation auch dort gelten.“
Deutlich bezog Özdemir Stellung gegen den offen zu Tage tretenden Antisemitismus. Da brauche es eine klare Absage dran und ein Eintreten für das Existenzrecht Israels. Mit Blick auf antisemitische Übergriffe durch Islamisten forderte Özdemir eine bessere Integration. Unter anderem sprach er sich unter Applaus der Gäste dafür aus, dass Flüchtlinge schneller hier Arbeit bekämen. Aber auch die Fluchtursachen müssten nachhaltig bekämpft werden. Man dürfe nicht die Küste Westafrikas leerfischen oder Hühnerprodukte so weit subventionieren, dass sie in Afrika günstiger angeboten werden könnten als einheimische Produkte.
Als alles entscheidende Frage für eine positive Entwicklung der Gesellschaft machte Özdemir die Geschlechterfrage aus. „Frauen denken mehr nachhaltig, Männer sind eher konsumtiv“, so Özdemir mit einem Augenzwinkern auf das nach seiner Rede anstehende Festessen.
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